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Konstantin

London 2008

  • Category :Reiseberichte
  • Date :5. Juni 2008
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Wie ein guter Samstag anfangen sollte. Ein guter Samstag sollte mit einem zarten Blinzeln anfangen. Hat man sich erst einmal an die Lichtdröhnung gewöhnt, sollte man feststellen, dass draußen blauer Himmel ist, oder zumindest nur ein paar Wölkchen umherschwirren. Ein guter Samstag sollte mit einer Außentemperatur von 25,6° Celsius anfangen. An diesem guten Samstag sollte feststehen, dass man später noch zum See oder Meer fahren wird, um zu baden und ein Bierchen zu trinken; vorher sollte allerdings noch ein Frühstück am Bettrand parat stehen – mit duftenen Brötchen in einem Glas Erdbeermilch und vielleicht auch einigen Früchten.
Kein guter Samstag fängt um fünf Uhr an. Die Vorzeichen standen also denkbar schlecht, als der Wecker auf meinem Nachttisch wild hin und her vibrierte. Die Sonne war gerade mal aufgegangen und ich fragte mich, wie ich denn nun am besten zum nächsten See käme.
Es verstrichen einige Sekunden, bis ich bemerkte, dass ich zu keinem See fahren würde und auch kein Frühstück irgendwo im Zimmer herumstand (ich schaute vorsichtshalber nocheinmal unter dem Bett nach).

Eine halbe Stunde später war ich mit meinem Vater bereits auf der Autobahn. Es war weniger schlimm als zuerst befürchtet, immerhin wollten wir ein paar Tage in London verbringen.
Ab Schönefeld sollte es dann also losgehen und dann, ein paar Tage später (Dienstag) wieder zurück.
Als ich dann in Schönefeld war, fuhr Andreas (mein Vater heißt so, auch wenn ich den Namen äußerst selten benutze) zurück nach Tegel. Ich flog von hier, er von dort. Wir würden uns dann später im Hotel treffen. Schradi, Silvi, Kolle und Babsi fuhren auch nach Tegel und von dort aus nach London. Unser aller Augenmerk lag auf einem Konzertbesuch von Mark Knopfler in der Royal Albert Hall…

Ich ging nun also in den Mikrokosmos Flughafen hinein. Ein Flughafen ist in der Tat etwas Besonderes. Es gelten keine marktwirtschaftlichen, politischen oder physikalischen Gesetze:

  • Der Preis meines Kaffees und eines Muffins überstiegen den Monatslohn eines indischen Rikschafahrers und ebenfalls den Preis eines Kaffees und Muffins im Rest Berlins (mit Ausnahme von Tegel und Tempelhof).
  • Nach der Passkontrolle ist man faktisch in keinem Land mehr, obwohl man sich noch in Deutschland befindet.
  • Eine Feder fällt stets nach unten, ein Flugzeug tut, über 100 Tonnen schwer, tut dies im Normalfall nicht…

Es war also Samstagmorgen und ich saß auf einer harten Blechbank und las eine Zeitschrift. Auf einmal rumste es plötzlich und neben mir befand sich ein dicker Mensch. Einen Platz daneben befand sich ein weiterer Mensch, der aber nicht ganz so furchtbar dick war. Beide unterhielten sich angeregt in einer Sprache, die den Wörtern nach der Deutschen nahezu identisch war, sich jedoch in der Aussprache und Grammatik unterschied. Dann zischte es. Der dicke Mann öffnete genüsslich eine Dose Bier. Für ihn muss es ein ausgesprochen guter Samstagmorgen sein – ein Bier mit seinem Kumpel trinkend. Zwischen den Zügen stellte der dicke Mann die Dose stets auf seinem Bauch ab. Die Situation wäre noch witziger gewesen, wenn er noch eine Käsestulle und eine Zeitung dort liegen hätte.

Das Flugzeug flog kurz darauf los und kam dann auch in London (Luton) an. An den Flug selbst kann ich mich kaum erinnern; ich versuchte den fehlenden Schlaf aufzuholen. Es sollte bei dem Versuch bleiben.

Wir trafen uns also wie geplant am Hotel und Andreas und ich trennten uns vom Rest der Gruppe.

Was wir taten:

  • Wir fuhren zum Leicester Square und liefen dort herum
  • dann liefen wir nach Chinatown (lecker Ente essen)
  • da wir nun mal am Laufen waren, liefen wir weiter in den Green Park
  • von da aus durch den St. James Park
  • zur Westminster Abbey
  • und zum Big Ben
  • anschließend zurück zum St. James Park
  • und liefen dann noch zum Hard Rock Cafe
  • von wo aus wir – wer würde das ahnen – zurück zum St. James Park liefen
  • um von dort aus dann zurück nach Euston zum Hotel zu fahren
  • wo wir ein wenig schliefen
  • und anschließend zurück zum Leicester Square zu fahren
  • um dann in einen Pub (O’Neills) zu laufen
  • da dann saßen
  • und aßen (Fish&Chips) und tranken (die meisten ein bis zwei Guiness)
  • Ende…

Was wir nicht taten:

  • Wir bezahlten keinen Eintritt, wo man welchen hätte bezahlen können (Eintritte in London schein stets zu teuer zu sein)
  • und kauften nichts ein außer Getränken (und Essen)
  • wir sahen den Ohrenprinz nicht und auch sonst keine Leute, von denen wir wüssten, dass sie berühmt wären
  • und wir sind auch nicht mit einem Taxi rückwärts durch die Stadt gefahren (was zugegeben keiner von den Leuten gemacht haben, die uns gerade begegnet waren)
  • weiterhin sind wir nicht auf einem rosa Einrad die Themse entlang gefahren (das wäre ja auch zu albern gewesen)

Das ist nun eine grobe Zusammenfassung vom ersten Tag in London. Nun ein klein wenig ab ins Detail:

Das Thema Haustiere ist sehr merkwürdig. Geht man bei uns durch die Straßen stellt man fest, dass es in der Regel Hunde sind, die an Leinen geführt werden. Es ist so, dass oftmals der Hund normal ist und mitunter das andere Ende der Leine eher die Aufmerksamkeit auf sich zieht (zum Beispiel Goldenretriever – Holzkopf oder Dackel – Nazi oder Pudel – Pudel (eine Oma, die wie ein Pudel aussieht) und viele Beispiele mehr). In London ist mir aufgefallen, dass zwar die Menschen, die die Leine zu führen pflegen auch einen „an der Waffel haben“ können, aber das Getier am Boden mitunter größere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Zwei Beispiele:Im St. James Park kam uns ein Mann entgegen. Optisch nichts Besonderes (Sonnenbrille, Hose, T-Shirt, zwei Ohren, eine Nase usw.) aber wenn man der Schlaufe um seiner Hand folgte, rannte dort ein weißes Wesen mit einer Kopfhöhe von ca. 20 Zentimeter über dem Boden herum. Aha, dachte ich mir, so ist das. Irgendwo schonmal gesehen. Ich dachte mir das Fell weg und erinnerte mich an ein frisches Kaninchen in der Fleischerei – die Ähnlichkeit war frappierend. Jedoch hatte das weiße Wesen keine langen Schlappohren. Ich überlegte weiter: Ja, eine Neuseeländische Straße mit überfahrenden Possums. Doch zum einen wusste ich kaum, wie ein lebendiges Possum aussieht (ein totes jedenfalls hat keine Kopfhöhe von 20 Zentimetern). Außerdem konnte ich mir nur schwer vorstellen, warum die Briten zu Kolonialzeiten ausgerechnet Possums mit nach England bringen sollten… Nun, um es kurz zu machen, der normal aussehende Mann hatte ein weißes Frettchen dabei. Es gibt hier auch Leute mit Frettchen, das ist mir bewusst – nur sehe ich sie nicht gleich am ersten Tag nach einer Landung mit dem Flugzeug!
Bei einem weiteren Tier mit Leine lag ich jedoch mit der Fleischerei gar nicht so schlecht (nur mit Fell und langen Ohren -eben lebendiger). Ein weiterer Mann führte ein Häschen spazieren…

Ein weiteres kleines Detail dient nur der persönlichen Erinnerung und kann dem bisher schon gelangweilten Leser einfach übersprungen werden: Durch den Wind und die wahrscheinlich vom Wetter her wunderschönen Tage zuvor flogen überall Pollen herum. Pollen hier und Pollen da, jedoch scheinbar die meisten in den Augen aller Leute. Ständig rieben sich Menschen an den Augen herum, husteten, schnieften und niesten. Um den Absatz wenigstens ein bisschen Sinn zu verleihen, möchte ich allen einen Tipp geben, die um etwa diese Jahreszeit in London sind: Um euch vor dem Einfluss der Pollen zu schützen, empfehle ich, eine Taucherbrille aufzusetzen. Ich hatte leider keine dabei, aber für alle zukünftigen Fahrten ist es wirklich sehr zu empfehlen. Ein Schnorchel sollte aber nicht zum Einsatz kommen, da die Wahrscheinlichkeit unnötig erhöht werden würde, sich vor den anderen Leuten lächerlich zu machen.

Der nächste Tag begann laut. Diese Aussage an sich lässt wenig Besonderes erahnen. Jedoch passierte etwas in einem Zimmer, das auf das ganze Hotel Auswirkungen hatte.
Punkt 7:23 Uhr ging der Feueralarm los. Unser Wecker war ohnehin auf 7:30 Uhr gestellt, dennoch war es laut. Nach weniger als 10 Sekunden war der Alarm wieder deaktiviert.

Wie sich herausstellte war von den 200 Zimmern ausgerechnet dasjenige der Auslöser, in dem Babsi und Kolle beherbergt waren. Grund dafür war ein neuer Fön (Babsi dachte sich, dass es besser sei, einen neuen Fön mitzunehmen, da der alte schließlich unterwegs kaputt gehen könne). Aber offensichtlich musste der neue Fön durch den ersten Gebrauch Gase freigesetzt haben, die das ganze Hotel senkrecht in ihren Betten stehen ließen. Es ging dann so weiter, dass Babsi zuerst einen Telefonanruf bekam, ob denn alles in Ordnung sei. Danach kamen zwei junge Männer, um sich selbst davon zu überzeugen, dass es wirklich nirgends brannte (Babsi:“Soll ich den Fön noch einmal einschalten, um zu testen, ob es nur ein Zufall war“ – Die Männer im Chor: „Bloß nicht!“), schlussendlich bekam Babsi auch noch einen hoteleigenen Fön.

Die U-Bahn nach North Greenwhich war an diesem Morgen sehr gut gefüllt, auch mit vielen jungen Menschen. Toll, muss sich Andreas gedacht haben, hier ist die Welt noch in Ordnung, die Jungen sitzen hier schon um neunUhr in der U-Bahn! Dass die Welt jedoch alles andere als in Ordnung war, zeigte sich einige Minuten später, als wir zu einer Ausstellung von Tutanchamun im o2-Dome gingen. Wir wussten zwar, dass sich die Ausstellung einer großen Beliebtheit erfreute. Doch dass dort nun tausende Jugendliche in einer riesen Schlange warteten, überstieg unsere Erwartungen bei weitem und machte uns sehr glücklich, dass Schradi die Tickets bereits im Voraus besorgt hatte.

Es schien also eigentlich tatsächlich eher so, dass die Welt in Ordnung gewesen wäre (Tausender wissbegieriger Jugendlicher, die sich morgens um 9 Uhr zu einer Ägypten-Ausstellung anstellen). Doch die Realität sah wie immer anders aus. Der eigentliche Grund für die morgenliche Versammlung lag in Träumen, Vorstellungen, Geldgeilheit, Hemmungslosigkeit, Dummheit und teilweise auch Unvermögen: Es fand ein riesiges Casting für die englische Variante von „Deutschland sucht den Superstar“ (X-Factor) statt. Unsere Ausstellung war auf der anderen Seite der riesigen, mit einem Zeltdach überspannten Halle. Eine Schlange zum Anstehen gab es nicht…

Die nächsten zwei Stunden verbrachten wir dann damit, uns durch die Geschichte des Tutanchamun zu ertasten – oder vielmehr zu gucken. Anfassen und Fotografieren waren selbstversändlich strengstens verboten und wurden mit dem Strick bestraft. Die Ausstellung füllte sich aber im Laufe der Zeit sehr gut und auch recht schnell. Sie ist derzeit eine der beliebtesten agyptischen Ausstellungen. Später las ich, dass alle Stücke Leihgaben des Museums in Kairo wären und es sich damit eine sehr gründliche Renovierung der Superlative finanzieren will. Nach der Ausstellung schauten wir uns dann noch ein Filmchen über agyptische Pharaoen in 3D an (da neben der Ausstellung, einer Eventarena und zahlreichen Restaurants auch noch ein Kino im O2-Dome untergebracht war).

Ein Mitarbeiter des Kinos erzählte uns hinterher, dass er diese Halle verabscheue. Am schlimmsten seien an diesem Sonntag vor allen Dingen die ganzen dummen Kinder und Jugendliche, die Superstars werden wollten. Er ginge laut eigener Aussage in eine Oper. Anschließend erzählte er nochmals, dass es diesen ganzen Rummel im o2-Dome nicht möge und dass alles so steril wirke. Übrigens, fügte er hinzu, seien die Kinder und Jugendlichen, die da Superstars werden wollten, dumm.

Da wir nun um diese Erekenntnis schlauer waren, dachten wir uns, dass es keinen Grund mehr gäbe, weiterhin im O2-Dome zu verweilen und wir peilten unser nächstes Ziel an: die Tower Bridge. Als Verkehrsmittel nutzten wir dieses mal einen Bus. Wir platzierten uns – wie für Touristen wahrscheinlich üblich – vorne in der ersten Reihe und zweiten Etage im Bus und guckten uns von oben die ganzen Menschen an, die so in Greenwhich herumwuselten. Hier ein Mensch, da ein Mensch und ab und zu sogar mal zwei, drei, vier, mehr als vier zusammen. Einige kauften ein, andere aßen, erzählten, liefen dem Bus hinterher und fluchten, als er vor dessen Nase davonfuhr. Andere standen herum, lachten, fuhren Auto, schauten auf die Uhr, zogen ihren Schlüssel aus der Hosentasche undsoweiterundsofort. Menschen in einer großen Stadt, Menschen mit ihren Sorgen und Nöten. Wir sahen sie für einen Augenblick, unsere Wege kreuzten sich, nahmen aber keinen Einfluss aufeinander. Der Bus fuhr weiter, die Menschen lebten in ihrem London.

Aber um es noch einmal explizit festzuhalten: Für alle, die es nicht ohnehin schon machen, ist es absolut zu empfehlen, durch Städte (egal, um welche es sich dabei handelt) mit einem Bus zu fahren, auch wenn die „underground“ schneller ist. Natürlich nicht gerade nachts durch die Bronx (ist vielleicht ein Vorurteil, aber man hört so einiges). Von solchen Fällen abgesehen ist jedoch die „Busreise“ interessanter. Natürlich sieht man in der U-Bahn komische Typen, aber die sieht man oben auch. Dazu sogar noch Wolken, Häuser, Pflanzen und alles, was eben das Leben in einer Stadt ausmacht. Sollte die Stadt jedoch keine U-Bahn haben, hat sich das Problem, ob man mit Bus oder Untergrund-Bahn fahren sollte sowieso schon erledigt.

An diesem Tag gingen wir weiterhin noch über die Tower Bridge und an selbiger vorbei sowie am Ufer der Themse Richtung London Bridge. Sie wurde 1972 von der Queen eingeweiht und wird eben oft mit der Tower Bridge verwechselt.

Unweit der London Bridge, auf der Südseite, befindet sich der London Dungeon, den wir aber nicht besuchten, sowie ein Wochenmarkt (unterhalb von Bahnschienen), der jeden Tag außer am Wochenende geöffnet ist und überhaupt viele alte Häuser aus den Zeiten, als Oliver Twist noch durch das alte London streifte. In einigen Backsteinbauten finden sich dieser Tage Pubs, in anderen kleine Geschäfte oder Wohnungen. Auch die Plastische Chirurgie ist nicht weit von der auf der anderen Straßenseite liegenden Southwark Cathedral.

Von dort aus fuhren wir zurück zum Leicester Square. Dort gibt es eine große Anzahl von Restaurants und wir entschieden uns für ein Kleines. Der Laden hieß Mr. Wu und war gut besucht. Hier bezahlte man fünf Pfund und konnte soviel essen wie man mochte oder konnte. Es gab ein kleines Buffet mit Reis, Nudeln, Fleisch und Gemüse – zusammengemixt zu chinesischen Spezialitäten. Das Niveau lag zwar weit über dem von Kantinenessen aber eben auch weit unter dem des Restaurants, in dem Andreas und ich genüsslich eine tote Ente verspeisten.

Die Kundschaft blieb selten länger als 15-20 Minuten, da dies offensichtlich genau der Zeit entspricht, die ein Durchschnittsbürger benötigt, um soviel Essen in sich hineinzustopfen, bis noch mehr unmöglich realisierbar wäre.

Nach dem Essen splittete ich mich vom Rest ab und entschloss kurzerhand „Iron Man“ zu gucken (freundlicher Weise wurde mir das Kinoticket gesponsert, da ich ansonsten kaum die Lust gehabt hätte, für einen ca. zweistündigen Film dreizehn Pfund zu bezahlen).

Für eine ausführliche Kritik oder Beschreibung des Films verweise ich auf einschlägige Seiten und wende mich nun in aller Kürze dem Heimweg zu. Erstaunlicherweise war der Eingang des Kinos sogleich dessen Ausgang. Ich befand mich nach dem Filmende also wieder schlagartig am Leicester Square, an dem sehr viele Menschen herumliefen. Sie liefen kreuz und quer, blieben teilweise stehen und schauten sich um, oder ließen es bleiben. Ich hatte den Eindruck, als ob die Pubs in der Umgebung eine Art magnetischer Kraft ausstrahlen würden, die die Beine der meisten Personen regelrecht in deren Richtung ziehen würde. Das Bewusstsein, sofern zu dieser Stunde noch vorhanden, kümmerte sich oftmals nicht um dererlei Dinge und es ließ die Augen mitunter auf den nächststehenden Mann/Frau gleiten oder eine Konversation führen, die abrupt enden würde, als die Beteiligten plötzlich voller Freude von einem kühlen Bier saßen.

Meine Beine zogen mich zur „Underground“ und mein Bewusstsein sagte mir „Halt, stopp, jetzt lieber mal nicht“. Es war keineswegs so, dass sich bei mir Beine und Bewusstsein vertauscht hätten und mir meine Vernunft sozusagen zu Füßen läge. Vielmehr sorgten ein paar von Bekleidung am Oberkörper befreiter Engländer dafür, dass mein Weg zur U-Bahn schlicht verstellt war. Wie sollte ein armes Wesen, wie ich es bin, zwischen raufenden und schreienden Individuen, die gerade von polizeilicher Gewalt unter Kontrolle gebracht wurden, einen Weg in den einzigen noch offenen Eingang nach unten finden. Die Idee das Geschehen selbst unter Kontrolle zu bringen, so wie Iron Man es getan hätte, verflog recht schnell. Stattdessen beobachtete ich die Situation und wunderte mich, woher die ganzen FCM-Fans kämen, bis ich überhaupt einmal realisierte, dass es sich um englische Fußballfans handelte. Nach zehn Minuten waren die etwa zwanzig Menschen zur Ruhe gekommen und beließen es bei ein paar unanständigen Worten, die sie den Polizisten zuwarfen.

Der Montag begann heilig. Nun ist es zwar normalerweise der Sonntag, dem dieses Attribut zuteil wird. Aber wir entschieden – auch des Regen wegen – erst einmal in die St. Paul’s Cathedral zu gehen. Dass sie es dort mit der Heiligkeit nicht ganz zu streng nehmen, erfuhren wir an der Kasse. Die nette Dame verlange göttliche 15 Pfund pro Person. Als eingefleischter Tourist nimmt man schließlich auch diese Hürde und marschiert dann wundernd durch die Kathedrale.

Kurz vor zwölf splittete ich mich von der Gruppe ab, um den guten Rest des Tages durch den Regen zu marschieren. Ich begab mich also zum London Eye, wo ich mich mit Jabez treffen wollte (wer mehr über Jabez erfahren möchte, dem empfehle ich den Reisebericht Neuseeland der Februar und März). Dort angekommen war ich bereits nass. Auch Jabez sah alles andere als frisch aus. War er besoffen? Breit? Auf irgendeinem Trip? Die offizielle Stellungnahme war sein Schlafmangel, da am vorvorigen Abend jemand Geburtstag hatte, er dann gestern bis um 18 Uhr geschlafen hat und die letzte Nacht kein Auge zu bekommen hat. Ich empfiehl ihm, die Führung unserer kleinen Etappe zu übernehmen. Er willigte ein und wir kehrten in einen Laden ein, wo er sich ein Sandwhich kaufte und ich ein Mineralwasser. Um nun einige Details zu überspringen, fanden wir uns gegen Abend (nun völlig durchnässt) in einem Pub wieder (wir waren vorher noch im St.James Park – nicht zu empfehlen bei Regen, am Picadilly Circus und schließlich am Leicester Square). Immerhin gelang es uns mit einigen Guiness die Sorgen zu übertünchen. Auf der Toilette wrang ich meine Socken aus und ärgerte mich, wie man nur so blöd sein kann, nach London nur ein Paar Schuhe mitzunehmen – denn man mag es kaum glauben: Mit den Socken wurden sogar die Schuhe nass! Die nassen Socken wurden nun über der Heizung aufgehangen, was – wie ich finde – ein absolut cleverer Schachzug von uns war.

Kurze Zeit später saßen wir bereits in der Royal Albert Hall und ich schlürfte dort einen Tee. Wobei ich natürlich am liebsten meine Füße in ein warmes Teebad gegeben hätte, aber stattdessen gelang die warme Flüssigkeit am anderen Ende des Körpers in selbigen hinein. Während des kompletten Konzertes ließ ich meine Schuhe ausgezogen.

Ich verstehe nicht viel von Musik. Ich wusste aber, dass einer der Männer auf der Bühne Mark Knopfler sein müsste, der früher einmal bei den Dire Straits gespielt hatte. Es war jedenfalls gute Musik, aber das Konzert reichte mir jedenfalls. Die meisten Zuschauer waren aber begeistert (übrigens alle im selben Alter wie Herr Knopfler). Ich machte dort fast genauso eine Ausnahme wie ein Fünfundfunfzigjähriger bei einem Tokio Hotel, der in der ersten Reihe steht.

Als wir am Abend nach Hause kamen, war unser Zimmer sehr warm.

Am Dienstag ging unser Flug um 17:30 Uhr zurück. Davor machte wieder jede Familie etwas mit seinem jeweiligem Partner. Mein Vater und ich streiften durch Covent Garden – sogar noch früher als alle anderen. Geschäfte hatten noch meist geschlossen und die Straßenreinigung war noch mit ihren Aufgaben betreut. Schließlich fuhren wir etwas aus dem Zentrum heraus und schauten uns in einem anderen Stadtteil einen Markt für Einheimische an. Dort gab es nur wenige Europäer, die meisten Käufer und Verkäufer hatten dunklere Hautfarben als die klassische britische Käsehaut. Anschließend suchten wir dann wieder zurück im Zentrum ein Indisches Restaurant auf, da ich dort meine Leidenschaft des Butter Chickens am besten ausleben konnte (wahnsinnig leckeres Gericht!). Nach dem Essen fuhren wir wieder zurück ins Hotel und sammelten die restlichen Sachen zusammen und verließen London auf unbestimmte Zeit.

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